1. Allgemeines zum Thema Hygiene
1.1 Was ist Hygiene?
Die Hygiene ist kurz gefasst eine Art der Infektionsprävention. Sie soll Maßnahmen lehren, die zur Verhütung von Krankheiten dienen. Gleichermaßen zielt sie darauf ab Gesundheit zu erhalten und weiter zu fördern. Der Begriff „Hygiene“ leitet sich von Hygieia, der griechischen Göttin der Gesundheit ab.
1.2 Wann wurde Hygiene erfunden?
Die klassische Hygiene, wie sie heute beispielsweise aus dem Krankenhaus bekannt ist, wurde um 1847 von Ignaz Semmelweiss begründet. Er fand damals heraus, dass die Sterblichkeitsrate von jungen Müttern aufgrund des Kinderbettfiebers mittels einer Handdesinfektion, damals eine Chlorkalklösung, deutlich verringert werden konnte. Zu Beginn wurden seine Erkenntnisse jedoch von der großen Mehrheit abgelehnt. Dennoch wurde in den folgenden Jahrzehnten auf diesen Erkenntnissen die Krankenhaushygiene weiter ausgebaut. Beispielsweise kam es zur Etablierung von Maßnahmen zur Wunddesinfektion durch Karbol (1867 beworben durch Sir Joseph Lister). Ab etwa 1900 wurden die Praktiken zum sterilen Arbeiten in der Medizin flächendeckend umgesetzt.
1.3 Wer hat Hygiene erfunden?
In Deutschland gilt Max von Pettenkofer als „Vater der Hygiene“. Er war der Erste, der 1865 einen Lehrstuhl für das Thema Hygiene in München erhielt. Dennoch kann nicht nur ein Name mit der Etablierung der Hygiene in Verbindung gebracht werden. Auch bekannte Namen wie Robert Koch, der Mikroorganismen als Ursache von Infektionskrankheiten beschrieb oder Louis Pasteur, der durch die Entwicklung des Prinzips der Pasteurisierung (Desinfektion durch Erhitzen), die Haltbarmachung von Lebensmitteln revolutionierte, tragen einen wertvollen Anteil in der Verwendung von Hygiene bei.
1.4 Welche Hygienebereiche gibt es?
Heutzutage kann die Hygiene in fünf Anwendungsgebiete unterteilt werden, dessen Anforderungen an die korrekte Anwendung von Hygieneverfahren unterschiedlich sind.
Die Anwendungsgebiete lassen sich wie folgt aufstellen:
1.4.1 Wasserhygiene
Um Infektionen der Bevölkerung über das Trinkwasser zu vermeiden, ist eine flächendeckende Kontrolle und Einhaltung der Trinkwasserqualität essentiell. In der Praxis kommen diverse Wasseraufbereitungsverfahren (z.B. Sandfilter, Aktivkohlefiltration, Ionenaustauscher oder Ozonisierung) zum Einsatz.
1.4.2 Lebensmittelhygiene
Die Verunreinigung von Lebensmitteln durch Mikroorganismen kann in zwei Gruppen eingeteilt werden (primär = Kontamination im lebenden Organismus / sekundär = außerhalb des lebenden Organismus). Eine primäre Kontamination beschreibt die Belastung des Produktes unter herstellungsbedingten Aspekten (z.B. mit TSE belastetes Rindfleisch, da das Rind zuvor erkrankt war). Die sekundäre Kontamination hingegen, wird durch gebrauchsbedingte Fehler hervorgerufen (z.B. Lagerungsfehler führen zu Schimmelpilzbildung und somit zu einer Belastung von Mykotoxinen). Gerade um die sekundäre Kontamination so gering wie möglich zu halten, ist eine richtig angewandte Lebensmittelhygiene unerlässlich.
1.4.3 Krankenhaushygiene
Gerade im Krankenhaus finden sich gehäuft viele Risikogruppen, die sogenannten YOPI’s:
Young = jung
Old = alt
Pregnant = schwanger
Immuncomromised = immungeschwächt
Um die Angehörigen dieser Gruppen entsprechend vor Infektionen zu schützen ist es im Krankenhaus dementsprechend von großer Wichtigkeit die entsprechenden Hygienemaßnahmen einzuhalten. So lässt sich die Gefahr einer nosokomialen Infektion (Erkrankung infolge einer medizinischen Behandlung, ausgelöst durch Infektionserreger) verringern und unnötige Komplikationen vermeiden.
Die Vermeidung nosokomialer Infektionen ist Aufgrund der Zunahme von Antibiotikaresistenzen bestimmter Krankheitserreger im hospitalen Umfeld und dem demografischen Wandel von bedeutender Relevanz. Aus diesem Grund ist die Krankenhaushygiene sowohl aus medizinischer aber auch aus ökonomischer Sicht besonders wichtig. Neben den typischen Infektionsquellen wie Oberflächen, Haut und medizinischen Instrumenten sollte potentiell infektiöser Abfall (z. B. mit Blut, Wundsekret, Sputum kontaminierte Tupfer, Verbände, Pflaster o. Ä.) nicht außer Acht gelassen werden. Dazu gilt es ein spezielles Abfallmanagement zu pflegen und geeignete Möglichkeiten zur Abfallentsorgung zu etablieren. |
1.4.4 Haushaltshygiene
Der eigene Haushalt stellt ohne, dass es einem immer bewusst ist eine der größten Infektionsquellen dar. Demnach ist es entsprechend wichtig auch hier auf ausreichend Hygiene zu achten. Neben dem regelmäßigen Austausch von Geschirrschwämmen und Handtüchern, lassen sich mit einfacher Handhygiene (z.B. nach dem Kontakt zu Lebensmitteln, Tieren, Körperflüssigkeiten etc.) viele Infektionen vermeiden.
1.5 Welche Hygienemaßnahmen gibt es?
1.5.1 Desinfektion
Maßnahmen zur Verminderung der Anzahl von Keimen auf Oberflächen, auf ein Maß in welchem diese nicht mehr infektiös sind. Demnach stellen Desinfektionsmaßnahmen nur eine Teilabtötung dieser dar. Dazu dienen Alkohole (Hände- / Flächendesinfektion), Aldehyde (Flächen-/ Raumdesinfektion) oder Phenole (Flächendesinfektion).
1.5.2 Sterilisation
Maßnahmen zur Entfernung / Abtötung aller lebensfähigen Mikroorganismen. Zu den Arten von Sterilisation gehören unter anderem Hitzesterilisation (z.B. Autoklavieren: Erhitzung unter Dampf bei Temperaturen >100 °C), chemische Sterilisation (z.B. mikrobizide Gase: Formaldehyd oder Ethylenoxid), Bestrahlung (z.B. UV-Strahlung) oder die Sterilfiltration.
1.5.3 Konservierung
Das Ziel der Konservierung ist es eine Verzögerung oder gar eine Verhinderung eines durch Mikroorganismen herbeigeführten Verderb für ein Produkt (z.B. Lebensmittel oder Kosmetika) zu erreichen. Methoden der Konservierung greifen auf physikalische (Änderung der Temperatur des Produktes, Senkung des Wassergehaltes im Produkt oder Änderung der Gasphase durch z.B. vakuumieren eines Produktes), chemische (salzen, zuckern, räuchern, pökeln dienen zur Erniedrigung der Wasseraktivität im Produkt oder die Hinzugabe von Konservierungsmitteln) und biologische (Milchsäure-/ Alkoholgärung) Verfahren zurück.
1.5.4 Reinigung
Oberflächliche Entfernung von Schmutz (organische Substanzen, Staub, Flecken usw. die an Kleidung, Körper oder Gegenständen anhaften) mittels Reinigungs- oder Waschmittel und entsprechender mechanischer Komponente (z.B. schrubben, schleudern usw.).
2. Hygiene im Industriesektor
2.1 Wer kontrolliert die Hygiene im Betrieb?
Besonders in Betrieben des Lebensmittelsektors ist es von besonderer Bedeutung, dass Hygienevorschriften eingehalten werden. Diese werden nach Risikobewertung des zuständigen Gesundheits- oder Veterinärsamtes in regelmäßigen Zeitabständen auf ihre Einhaltung überprüft. Unternehmensintern sollte es Hygienebeauftragte geben, die sich um die Einhaltung im entsprechenden Bereich kümmern.
2.2 Wer ist der Hygienebeauftragte?
Im Rahmen des internen Qualitätsmanagements eines Betriebes wird in der Regel auch die Stelle des Hygienebeauftragten besetzt. So achten Hygienebeauftragte auf die konforme Umsetzung der Hygienevorschriften in Unterkategorien wie Personal-, Produktions- und Betriebshygiene. Je nach Branche (Lebensmittel-, Pharmaindustrie oder Gesundheitsbranche) wird der Fokus auf unterschiedliche Schwerpunkte gelegt und es gelten unterschiedliche gesetzliche Vorgaben. Aus diesem Grund bedarf es je nach Sektor spezifische Qualifikationen eines Hygienebeauftragten.
2.3 Was sind die Aufgaben des Hygienebeauftragten?
Die meisten Aufgaben eines Hygienebeauftragten sind branchenunabhängig. So zählt die Kontrolle der Hygienestandards in den jeweiligen Einrichtungen zu einer der Hauptaufgaben. Des Weiteren sind Hygienebeauftragte für die Planung und Durchführung von Schulungen der Mitarbeiter und die Sensibilisierung dieser gegenüber dem Thema Hygiene verantwortlich. Häufig begleiten sie ebenfalls Zertifizierungsaudits und wirken in internen Qualitätszirkeln mit. Sie erstellen den Hygieneplan und unterstützen in der Auswahl notwendiger hygienischer Verbrauchsmaterialien. Je nach Branche fallen jedoch weitere spezifische Aufgaben für Hygienebeauftragte an.
2.3.1 Gesundheitswesen
In Einrichtungen des Gesundheitswesens zählt die Dokumentation von nosokomialen Infektionen sowie die Untersuchung spezifischer Infektionsrisiken mit zu den branchentypischen Aufgaben. Ebenfalls wird von den Hygienebeauftragten der Umgang mit MRSA positiven Patienten kontrolliert um Ausbreitungen zu vermeiden. Zusätzlich unterstützen sie das Krankenhaus-Infektions-Surveillance-System (kurz KISS), eine Erfassung von hygieneassoziierten Daten für Einrichtungen im deutschen Gesundheitssystem.
2.3.2 Lebensmittelbranche
Eine der wichtigsten Aufgaben der Hygienebeauftragten in der Lebensmittelbranche ist das Erstellen, die Durchführung und die Dokumentation eines HACCP-Konzeptes (Hazard Analysis Critical Control Points). Dabei werden mögliche Gefahren die an bestimmten sogenannten kritischen Punkten im gesamten Herstellungs- und Verteilungsprozess eines Lebensmittels, bis es beim Endverbraucher ankommt, erfasst und engmaschig kontrolliert. Ziel ist es gesundheitliche Risiken (z.B. in Form von Glasbruch, Kontaminationen usw.) für den Verbraucher auszuschließen. Außerdem ist der Hygienebeauftragte dafür verantwortlich, dass Mitarbeiter gemäß dem Infektionsschutzgesetz entsprechende Unterweisungen erhalten.
2.3.3 Pharmaindustriebranche
Zu den branchenspezifischen Aufgaben in Unternehmungen der Pharmaindustrie zählen die Umsetzung der Anforderungen und Vorgaben der guten Herstellungspraxis (GMP; Richtlinien zu Qualitätsanforderungen der pharmazeutischen Produktion). Die Überwachung der hygienischen Aspekte unter Reinraumbedingungen und die Kontrolle der Umsetzung der SOP’s (Standardvorgehensweise in der Herstellung der Produkte).
2.4 Was ist ein Hygieneplan?
Ein Hygieneplan ist eine schriftliche Ausarbeitung über die einzuhaltenden Regeln und die verbindlich zu erfüllenden Aufgaben zur Gewährleistung der Hygienestandards im Betrieb. Er dient dazu Mitarbeiter eine Anleitung zu geben, die notwendigen Maßnahmen einzuhalten um eine Verschleppung von infektiösen Mikroorganismen zu verhindern. So gehören strikte Anweisung wie beispielsweise detailliert ausgearbeitete Desinfektionspläne und die Dokumentation durchgeführter Maßnahmen zu seinen Inhalten.
2.5 Wer erstellt den Hygieneplan?
Prinzipiell ist der Einrichtungsleiter für die Erstellung eines Hygieneplans verantwortlich. Jedoch nehmen die internen Hygienebeauftragten und die Hygienefachkräfte hierbei eine beratende Position ein.
2.6 Was ist der Inhalt einer Hygienebelehrung / -schulung?
Die Belehrung gemäß § 43 des IfSG vermittelt Informationen über ansteckende Krankheiten und die dazugehörigen Symptome. Ziel ist es den Teilnehmer dazu zu befähigen diese zu erkennen. Dies soll verhindern, dass sich Infektionskrankheiten ausbreiten. Allgemeine Hygieneschulungen haben keine direkte Inhaltsvorgabe seitens des Gesetzgebers. Sie befassen sich in der Regel mit allen für das Unternehmen relevanten Hygienemaßnahmen. Dazu zählen unteranderem Lebensmittel-, Personal- und Gerätehygiene. Zur Ausrichtung der Schulung können diverse DIN verwendet werden.